Am Anfang war das Lachen
Wahrscheinlich konnte der Homo Sapiens bereits lachen, bevor er überhaupt sprechen konnte. Wissenschaftler sind sich heute darüber einig, dass wir schon immer Sinn für Humor hatten, und manche vermuten sogar, dass sich auch Tiere durchaus bewusst amüsieren können. Allerdings ist die Erforschung des Humors sehr schwierig und in gewisser Hinsicht sogar unmöglich, da Menschen in unterschiedlichen Kulturen über die unterschiedlichsten Dinge lachen können. Ethnologen tun sich bis heute schwer, die Komik in bestimmten Aussagen zu erkennen oder zu verstehen. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass einige Schriften, die uns überliefert wurden, heute auf uns sehr ernst und seriös wirken und eigentlich als Spott oder als lustiger Spruch gedacht waren.
Vielleicht lachte der Höhlenmensch, als er die Höhle mit bunten Tieren bemalte, denn seine Freunde fanden es komisch, dass die Tiere unnatürlich lange Hälse hatten – wir wissen es nicht. Vielleicht lachten die Sammler und Jäger, wenn sie etwas Ungenießbares nach Hause brachten, vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich lachte der Pharao, als man sagte, man wolle ihm zuliebe Jungfrauen nur mit Fischernetzen bekleiden. Vielleicht lachte sogar Jesus, und vielleicht waren einige seiner Sätze in seinen Predigen komisch – aber das kann alles nicht einmal erahnt werden. Bibelforscher haben sich ausführlich damit beschäftigt, warum im Neuen Testament kein einziges Mal gelacht wird. Eine der Theorien lautet, dass es mit Sicherheit witzige Sätze gibt und wir nur nicht in der Lage sind, den Humor zu erkennen.
Der älteste Witz der Welt und der Humor der Antike
Britische Wissenschaftler der Universität Wolverhampton fanden einen Witz, der ca. 4000 Jahre alt sein soll und der deutlich zeigt, dass damals über Dinge gelacht wurde, die man heute nicht mehr richtig nachvollziehen kann. In Mesopotamien gab es den Spruch: „Was ist noch nie geschehen? Es ist noch nie passiert, dass eine Frau auf dem Schoß eines Mannes sitzt und nicht pupst.“
Die Witze der alten Römer und Griechen bringen uns heute da schon eher zum Lachen. In der „Odyssee“ sagt Odysseus zu einem Zyklopen, dass er „Niemand“ heißt. Als der Zyklop um Hilfe ruft, schreit er deshalb: „Niemand greift mich an.“ Bekannt sind auch die humoristischen Schriften von Äsop, der ca. 600 vor Christi lebte. Er war eigentlich Sklave, machte aber dank seines klugen Witzes Karriere und wurde am Ende ein freier Mann. Aber auch damals gab es mit Humor die gleichen Probleme wie heute: Lustige Sätze und Bemerkungen können von den falschen Leuten ganz verkehrt aufgefasst und deshalb missverstanden werden. Äsops Leben endete deshalb tragisch. In Delphi empfand man seinen Humor als Gotteslästerung, die Priester ermordeten ihn.
Von den alten Römern ist uns zum Glück eine Vielzahl an lustigen Sprüchen erhalten geblieben. An einer Hauswand in Pompeji hatte ein Mann z.B. folgenden Spruch eingeritzt: „Da veniam ut veniam“ (Verzeihe mir, damit ich kommen kann). Und Cicero stellte folgende Frage: „Was ist das für ein Mensch, der sich beim Ehebruch erwischen lässt? Antwort: Ein Langsamer“.
Fast hat man das Gefühl, dass die alten Römer die Art von Humor, wie wir ihn heute kennen, erfunden haben. Das Wort „Humor“ stammt jedenfalls aus dem lateinischen und bedeutet direkt übersetzt „Feuchtigkeit“ oder „Körpersäfte“. Es entstammt der antiken Säfte-Lehre, die die Menschen in Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker und Sanguiniker einteilte. Wenn die Säfte in Ordnung waren, dann war der Mensch ausgeglichen. Wenn man lachen konnte, dann hatte man einen „guten Humor“ – einen guten Säfte-Haushalt.
Als der Mensch das Lachen fast verlernte
Im Mittelalter musste man eher vorsichtig sein, wenn man einen locker-lustigen Spruch loswerden wollte. Da es in der Bibel keine humorvollen Zitate gibt und da Jesus nie lachend im Neuen Testament geschildert wurde, galt Humor in den Augen der Kirche als Gotteslästerung. Dazu kam, dass der Mensch im Mittelalter auch noch sehr aufpassen musste, dass er keine Obrigkeiten aus Versehen beleidigte. Ein etwas übermütiger lustiger Spruch konnte schnell als Majestätsbeleidigung ausgelegt werden. Genau wie bei der Gotteslästerung riskierte man mit einem Lacher zu viel leicht sein Leben. Damals entstand die Tradition, dass es immer noch am sichersten ist, wenn man über sich selbst lacht. Lachen ist befreiend, um obwohl es kaum überlieferte Witze aus dem Mittelalter gibt, kann man davon ausgehen, dass in den eigenen vier Wänden durchaus über dieses und jenes gelacht wurde.
Etwas lockerer wurde es mit der Renaissance. Könige bekamen Hofnarren, die sie mit lustigen Sprüchen amüsierten, und die Dichter der damaligen Zeit verfassten grandiose Komödien, über die jeder laut lachen konnte. Die Stücke von William Shakespeare sind voller lustiger Sprüche, die manchmal bis ans Derbe grenzen und leider bei Übersetzungen ins Deutsche meist ihren ursprünglichen Charme verlieren. Shakespeare war sich jedoch vollkommen darüber bewusst, dass jeder lustige Spruch auch von der jeweiligen Situation abhängt. „Witz beruht auf Stund‘ und günstiger Zeit“, philosophierte er in Othello.
Selbst in den Kirchen ging es nach dem Mittelalter plötzlich etwas heiterer zu. Ab dem 14. Jahrhundert entstanden Gemälde und Skulpturen, die auch einen lächelnden Jesus zeigen, und man führte sogar das „Risus Pachalis“ ein, das Ostergelächter. Dazu stiegen die Priester in die Kanzel und hielten eine humorvolle Predigt voller lustiger Sprüche, dabei durfte und sollte herzlich und laut gelacht werden. Manche Priester schnitten auch Grimassen oder tanzten in der Kanzel. Der protestantische Pfarrer und Reformator Johannes Ökolampad, der Ende des 15. Jahrhunderts lebte, fand das alles andere als lustig. In einem Brief beschwerte er sich darüber, dass ein Pfarrer sogar über den Apostel Petrus lästerte, der angeblich seine Wirte um die Zeche betrogen haben soll. Die Pfarrer sollen teilweise sehr derbe Witze gerissen haben, einer soll sogar so getan haben, als würde er ein Kalb gebären. Der Protestant war entsetzt!
Die Tradition des Ostergelächters hielt viele Jahrhunderte an, noch 1906 hat ein Pfarrer in Bayern bei seiner Osterpredigt Witze gerissen. Er ging als der letzte Pfarrer, der lustige Sprüche in der Kanzel von sich gab, in die Geschichte ein, danach huldigte man eher der zurückhaltenden Freude über die Auferstehung Christi. Josef Ratzinger, der spätere Papst Benedikt, hatte für das Osterlachen aber auch 1984 noch großes Verständnis. In seinem damals erschienenen Werk über die spirituelle Christologie, berichtet er über die Tradition des Osterlachens, und dass die Osterpredigt zumindest einen guten lustigen Spruch enthalten musste, damit alle in fröhliches Gelächter ausbrechen konnten. „Das mag eine etwas oberflächliche Form christlicher Freude sein. Aber ist es nicht eigentlich doch etwas Schönes und Angemessenes, dass Lachen zum liturgischen Symbol geworden ist?“
Über was darf gelacht werden?
Insgesamt betrachtet ist Humor so vielfältig, wie die Menschheit. Was einer lustig findet, kann auf den anderen wie eine tödliche Beleidigung wirken. Auch wenn das Mittelalter schon weit zurückliegt, zeigt gerade die aktuelle, internationale Situation, dass auch heute bei Humor-Fragen Kulturen aufeinanderstoßen können. Muslimische Mitbürger fühlen sich manchmal gekränkt, wenn ihre Kultur mit einem lustigen Spruch oder einer Zeichnung infrage gestellt wird. Einigen Wissenschaftlern erscheint das unlogisch, da Mohammed – im Gegensatz zu Jesus – im Koran sehr häufig als lachender Mann geschildert wird. Aber Humor und Religion scheinen nur selten Hand in Hand gehen zu können. Selbst Buddhisten sind sich nicht ganz einig, ob der lächelnde Buddha nun Weisheit, Erleuchtung oder einfach nur Lebensfreude und Sinn für Humor ausstrahlt.
Als sicher gilt seit dem Mittelalter, wenn man über sich selbst lacht oder über Dinge, die zum engsten Umfeld gehören. Die besten lustigen Sprüche über Frauen erzählen Frauen, die besten jüdischen Witze stammen aus Israel, und die besten Witze über Kinder kommen von Eltern. Juristen haben die lustigsten Witze über ihren eigenen Beruf auf Lager, genau wie Journalisten, Friseure oder Bäcker. Ein lustiger Spruch über einen Rechtsanwalt kann z.B. aus dem Mund eines Außenstehenden verächtlich klingen, während er – von einem Anwalt vorgetragen – die ganze Anwaltskammer zum Lachen bringen kann.
Ein gelungener lustiger Spruch ist deshalb nicht nur von der Wahl der Wörter, sondern zum größten Teil von der Wahl der Umgebung und dem gesamten Kontext abhängig.
Lustige Sprüche gezielt einsetzen
Ob jemand Sinn für Humor hat oder nicht, ist eine individuelle Frage. Manchmal glauben Menschen, sie seien urkomisch und bringen ihre Zuhörer beim Sprüche-Klopfen nur dazu, peinlich berührt wegzuschauen oder so zu tun, als habe man nichts gehört. Wer das Gefühl hat, seine Zuhörer nur selten zum Lachen zu bringen, sollte deshalb Selbsterkenntnis walten lassen und eher zurückhaltend sein.
Manchmal kann man aber in einer Situation sein, in der nur ein lustiger Spruch wirklich weiter hilft. Das kann z.B. der Fall sein, wenn man eine Rede oder einen Vortrag halten muss, dessen Inhalt sonst eher trocken oder öde wäre. Lustige Sprüche helfen auch bei einer Kontaktaufnahme oder bei der heute so wichtigen Pflege des sozialen Netzwerks. Es kommt deshalb nicht von ungefähr, dass das Internet voll mit lustigen Sprüchen ist, die sich die User per Facebook, Twitter oder anderen sozialen Plattformen zusenden können. Für jede Situation und für jede Personengruppe scheint es eine riesige Auswahl an Sprüchen zu geben, denn eine passende lustige Bemerkung zu einer aktuellen Situation kann heute äußerst karriere- und freundschaftsfördernd sein.
Umgekehrt kann der falsche Witz im verkehrten Moment eine Karriere durchaus auch zerstören. Beispiele gibt es dafür genug. Solche lustig gemeinten Sprüche können heute regelrechte Shitstorms im Internet auslösen. Wem das natürliche Talent für Humor fehlt, sollte deshalb sehr vorsichtig damit umgehen.
Lustige Sprüche selbst schreiben?
Wer öfters seine Umgebung mit einem Spruch spontan zum Lachen bringt, wird schnell merken, dass er das Talent dafür hat, lustige Sprüche selbst zu verfassen. Aber auch hier ist der Kontext wieder der ausschlaggebende Punkt, denn fast jeder noch so komisch wirkende Satz kann im falschen Kreis völlig anders ausgelegt werden. Da wirklich gute lustige Sprüche meist spontan entstehen, wird ein Profi-Sprüche-Schreiber immer ein kleines Notizbuch bei sich haben und nach einem spontanen Lachen den Spruch aufschreiben.
Will man jedoch Sprüche gezielt neu erdichten und z.B. in einen Vortrag mit einbauen, sollte man sein Werk vielleicht erst einmal einem neutralen und äußerst objektiven Zuhörerkreis vortragen. Die erwachsenen Kinder oder die engsten Freunde können einem dann ganz ehrlich sagen, ob man wirklich komisch, oder nur peinlich ist.
Manche greifen auch gerne auf Nonsens-Sätze zurück, wie: „Fettflecken halten länger, wenn man sie mit Butter einschmiert“, oder „Lieber Glühbirnen als Pferdeäpfel“. Solche Sätze verletzen zwar niemanden, aber auch hier ist die Wirkung vom Publikum abhängig.
Ironie, Satire oder Witz?
Die Sprachwissenschaft unterscheidet hier ganz fein. Trotzdem ist der Unterschied oft nicht eindeutig zu erkennen, und manches, was der eine als witzig empfindet, ist für den anderen bittere Satire oder böse Ironie. Es gibt sogar den Spruch: „Ironie ist der Humor des intelligenten Menschen“.
Aber wo liegt nun eigentlich der Unterschied? Während Witze meist direkt vermittelt werden und oft Spott enthalten, enthält Ironie immer eine leichte Spitze. Satire ist dagegen fast ausschließlich auf eine aktuelle Situation bezogen. „In der Satire liegt der höchste Ausdruck des Zweifels“, schrieb so der italienische Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo.
Einer der wenigen Meister der Literatur, der alle drei Richtungen beherrschte, war Oscar Wilde. Bei ihm verschmilzt, dank seines unnachahmlichen Gespürs für die Sprache und für die eigenen Schwächen, Ironie mit Witz und war im aktuellen Zusammenhang oft auch ernste Satire. Einige der wundervollsten lustigen Sprüche stammen von ihm und sind inzwischen Teil der Weltliteratur. „Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung“, schrieb er. Und: „Es gibt keine Sünde außer der Dummheit.“
Der wohl legendärste deutsche Satiriker war dagegen Dieter Hildebrandt. Auch viele seiner Sprüche sind inzwischen unsterblich und sind auch heute noch in vielen Situationen passend. „Mich regt die Tatsache auf, dass sich niemand aufregt“, stammt z.B. von ihm. Oder auch jener legendäre Satz, den man heute jederzeit bei einer Ehrung zitieren könnte: „Wie soll man sich bei einer Preisverleihung schon fühlen? Ausgezeichnet!“
Viele lustige Sprüche haben jedoch keine eindeutige Quelle und sind einfach nur dazu gedacht, dass ohne viel Hintergedanken gelacht werden kann. Der Satz „Frauen und Suppen sollte man nicht warten lassen, sonst werden sie kalt“, wird z.B. manchmal Shakespeare zugeschrieben. In anderen Quellen gilt er als schwedischer oder russischer Spruch. Ähnlich ist es mit dem Satz: „Es ist sinnlos mit Männern zu streiten, sie haben doch nie Recht.“
Bei allen Bedenken, wie und wo lustige Sprüche am besten eingesetzt werden, sollte man jedoch nie den wichtigsten aller lustigen Sprüche vergessen: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“.